Konzept

Wissensbegriff und Lerntheorie

Als das DeepaMehta-Projekt im Februar 2000 gegründet wurde, war Wissensmanagement das Hype-Thema. Das war Anlass darüber nachzudenken, was Wissen eigentlich ist. Wir sind davon überzeugt, dass in Computern niemals Wissen gespeichert ist, sondern Information. Wissen entsteht in Köpfen. Wissensbildung ist ein individueller kognitiver Prozess der im Menschen stattfindet. Wissensbildung ist nicht automatisierbar.

Mind Maps und Concept Maps sind grafische Methoden, die beim Denken, Lernen, Erinnern und der Ideenfindung helfen. Sie basieren auf Forschungen im Bereich der Kognitionswissenschaften. DeepaMehta lässt die diesen Methoden zugrundeliegenden Ideen in die Gestaltung der Benutzerschnittstelle einfließen. Ziel ist eine kognitiv adäquate Arbeitsumgebung für Wissensarbeiter und andere kreative Köpfe.

Das Problem der Benutzerschnittstelle

Die heutige Desktop-Benutzerschnittstelle ist Applikations-zentriert. Gerade für Wissensarbeiter hat das ungünstige Auswirkungen, sowohl bei der Ablage und beim Wiederfinden, als auch bei der Darstellung von Informationen.

  • Ablegen und Wiederfinden: Informationen, die zu einer Arbeitsituation gehören -- z.B. Dokumente, Emails, Weblinks, Termine und Kontaktpersonen -- sind nicht an einem Ort abgelegt, sondern über viele Applikationen verteilt. Denn viele Applikationen bringen ihr eigenes Ablagesystem mit, das exklusiv ihren eigenen Inhalten vorbehalten ist. Der Filebrowser hat seine Ordner, das Emailprogramm seine Mailfolder, der Webbrowser seine Bookmarkfolder, und das Addressbuch seine Kontaktgruppen. Das Wiederfinden und die Rekonstruktion von Zusammenhängen ist mühsam.
  • Darstellen und Bearbeiten: Informationen, die zu einer Arbeitsituation gehören, werden nicht gemeinsam dargestellt, sondern sind über viele Fenster verteilt. Inhaltliche Zusammenhänge, die zwischen Informationen unterschiedlicher Applikationen bestehen, stellt der Computer überhaupt nicht dar. Andererseits zeigen die meisten Fenster Informationen an, die gar nichts mit der aktuellen Arbeitsituation zu tun haben, z.B. fremde Mailfolder und Inbox-Nachrichten, fremde Browser Tabs und Bookmarkfolder.

Insgesamt bedeutet das für den Anwender, dass er einen erheblichen Teil seiner Zeit und seiner geistigen Anstrengung damit verbringt, den Computer zu arrangieren, anstatt mit kreativer Arbeit.

Der Computer gilt als das Medium und Werkzeug der sogenannten Wissensgesellschaft. Aber gerade für Wissensarbeiter ist das Applikations-zentrierte Paradigma der heutigen Desktop-Benutzerschnittstelle denkbar schlecht geeignet. Warum sich das Applikations-zentrierte Paradigma auf unseren Desktop-Rechnern durchgesetzt hat, ist ein interessantes Kapitel der Computergeschichte. Denn der Computer, auf dem unsere heutige grafische Benutzerschnittstelle basiert -- der Xerox Star 8010 aus dem Jahre 1981 -- hatte ein Dokument-zentriertes Paradigma. Das Dokument-zentrierte Paradigma ist aus unserer Sicht für Wissensarbeiter besser geeignet, aber auch nicht optimal.

Die DeepaMehta Benutzerschnittstelle

Anstelle von Applikationen oder Dokumenten stellt die DeepaMehta Benutzerschnittstelle die Arbeitssituation (auch: Arbeitskontext) in den Mittelpunkt. Eine Arbeitssituation ist durch alle für diese Situation relevanten Ressourcen charakterisiert. Ein Arbeitskontext ist

  1. auf dem Bildschirm sichtbar.
  2. repräsentiert die Sicht des Individuums.
  3. später wieder aufrufbar.

In DeepaMehta ist immer ein Kontext vorhanden. Alles was der Anwender tut, ordnet DeepaMehta automatisch dem aktuellen Kontext zu. Sichtbare individuelle Kontexte machen nicht nur das Arbeiten "natürlicher", sie helfen auch beim Wiederfinden von Information. Denn auch wenn der Anwender sich nicht an einzelne Inhalte erinnern kann (und daher keine gezielte Suchanfrage stellen kann), wird er sich wahrscheinlich an die Situation erinnern, in der er den gesuchten Inhalt verwendet hat.

Die DeepaMehta Benutzerschnittstelle ist Situations-zentriert.

Sichtbarer Kontext

Alle Ressourcen, die zu einem Arbeitskontext gehören, werden in einem Fenster dargestellt, inklusive deren inhaltliche Bezüge. Der Anwender ist frei, in dieses Fenster auch Ressourcen, die in anderen Arbeitssituationen (oder Projekten) verwendet werden, zu holen. Die Arbeitssituation ist also direkt auf dem Bildschirm repräsentiert, und nicht nur im Kopf des Anwenders. Wir denken, dass der Bildschirm, auf diese Weise genutzt, den Kopf des Anwenders entlastet und zur visuellen Denkhilfe wird.

DeepaMehta teilt den Bildschirm in 2 Hälften: auf der linken Seite (Canvas genannt) ist eine Topic Map dargestellt. Eine Topic Map besteht aus Topics und Assoziationen. Ein Topic ist ein Informationsobjekt beliebiger Art und Herkunft. Es kann alles mögliche repräsentieren, z.B. eine Person, ein Projekt, eine Email, eine Notiz, ein Bild, einen Weblink oder einen Termin. Ein Topic kann auch einen Verweis auf ein externes Objekt, z.B. eine Datei, repräsentieren. Eine Assoziation stellt eine inhaltliche Verbindung zwischen 2 Topics dar, z.B. zwischen Personen, Projekten, Emails, Themen und Webressourcen.

Die rechte Seite (genannt Page Panel) stellt die Details des ausgewählten Topics oder der Assoziation dar, z.B. das Profil einer Person oder den Text einer Email oder Notiz. Auch das Bearbeiten von Inhalten erledigt der Anwender direkt im Page Panel. Dort wird z.B. ein Text geschrieben, ein Bilder bearbeitet oder eine Email verschickt.

Durch diese Bildschirm-Zweiteilung werden beide Sichten -- Überblick (per Canvas) und Detail (per Page Panel) -- gemeinsam präsentiert. Während am Detail gearbeitet wird, bleibt der Überblick erhalten. Auch wenn z.B. neue Informationen erstellt, gesucht oder eingeblendet werden (auf der Canvas) bleibt der vorherige Canvas Inhalt erhalten. Während der gesamten Sitzung bleibt die Arbeitssituation auf dem Bildschirm sichtbar.

Individueller Kontext

Der DeepaMehta-Bildschirm repräsentiert in der Regel die individuelle Sicht des angemeldeten Anwenders. Der Anwender bestimmt, welche Topics er im Moment sehen möchte und welche im Moment nicht relevant sind, d.h ausgeblendet werden. Und es ist der Anwender der den Bildschirmaufbau gestaltet, d.h. für die Positionierung der Topics sorgt. Indem es der Anwender ist, der aktiv den Bildschirm gestaltet, trägt DeepaMehta dem Aspekt Rechnung, dass der kognitive Prozess ein individueller ist. Durch diese aktive Gestaltung entsteht eine Resonanz zwischen den Bildschirminhalten und der Art und Weise, wie der Anwender seine Gedanken strukturiert. Die Idealvorstellung hierbei ist die eines Werkzeugs zur Verlängerung des Geistes. Die Benutzerschnittstelle als kognitive Heimat.

DeepaMehta verzichtet bewusst auf automatische Verfahren zur Bildschirmgestaltung. Die Maschine könnte z.B. alle Topics, die zum Projekt gehören, als Liste darstellen oder die Geometrie der Netzwerkdarstellung könnte von einem Layout-Algorithmus berechnet werden. Hierbei wird die Maschine zum Taktgeber und der Mensch verliert die Gestaltungsoption. Es entstehen Bildschirmdarstellungen die für den Anwender gar nicht nützlich sind und die er sich im Geiste erst zurechtlegen muss. Die oben beschriebene Resonanz kann nicht entstehen.

Dauerhafter Kontext

 

Materialien

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